Ein
echter Star, ganz nah und sehr professionell: Die Lesung mit Hannelore Hoger war
ein Höhepunkt der LiteraTour 2013.

METTINGEN.
„Ich liebe dich’ hat eine magische Qualität – ich würde lieber gar nichts sagen,
um das bisschen Liebe, das es gibt, nicht zu verscheuchen.“ Diese „magische
Qualität“ beleuchtete jetzt Hannelore Hoger auf Einladung des Fördervereins
Mettinger Schultenhof. Es wurde einer der Höhepunkte von LiteraTour 2013.
Hoger
gastierte im nahezu ausverkauften Bürgerzentrum mit „Liebe und andere
Kleinigkeiten“. Für dieses Programm hatte die beliebte Schauspielerin (Bella
Block) Texte aus dem von Sibylle Berg herausgegebenen Buch „Und ich dachte, es
sei Liebe“ ausgewählt. Das Publikum konnte die unterschiedlichen Stimmungen vom
befreienden Abschütteln einer gescheiterten Beziehung bis hin zum Schmerz einer
zerbrochenen Liebe mit Hoger durchleben.
Mal
aufgewühlt und verzweifelt, mal verhalten und trotzig, dann wieder süffisant,
sarkastisch oder auch mit Tränen in der Stimme zeigte sie anhand von
Abschiedsbriefen berühmter Frauen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die
vielseitigen Facetten, die das Ende einer Liebe mit sich bringen kann. Als
Schauspielerin verkörperte Hoger während ihrer Lesung jede dieser Frauen, und
sie ließ die Zuhörer verletzte Eitelkeit, Verachtung oder auch tiefe
Verzweiflung spüren – gleichzeitig aber auch den Abstand, mit dem die Frauen
ihre verflossenen Beziehungen analysierten.
Trauer
über das Vergangene – dafür blieb wenig Raum. Am ehesten kam Sehnsucht in den
Texten zum Ausdruck, die Hoger gesungen vortrug, am Flügel begleitet von
Siegfried Gerlich. Mit dem Spiel einiger Stücke von Claude Debussy, Robert
Schumann und George Gershwin intensivierte Gerlich die poetische Stimmung, die
in den scheinbar so nüchternen Abschiedsbriefen immer mitschwang.
Auch Hoger
selbst verdeutlichte beide Seiten der Gefühle mit ihrer sanften, warmen aber
gleichwohl rauen Stimme. Nur ihre feine minimale Körpersprache drang nicht bis
in die letzten Reihen des großen Saales vor, sodass manch eine(r) die intimere
Atmosphäre des Schultenhofes vorgezogen hätte. Die ausdrucksstarken Texte von
Simone de Beauvoir, Hemingways Gefährtin Agnes von Kurowsky und vielen anderen
verfehlten ihren Effekt dennoch nicht. Besonders einprägsam wirkten die
Formulierungen von Marlene Dietrich, die sich „leer und ohne Ziel“ fühlt, wie
sie Erich Maria Remarque schreibt. Nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges
sehnt sie sich nach dem Trost „seelischer Leberwurstbrote.“
Nach der
Pause schlug Hoger ein anderes Kapitel auf. Mit äußerlich ebenfalls nüchternen
Texten von Kurt Tucholsky sprach sie amüsantere Aspekte an: „Die Ehe war zum
größten Teile – verbrannte Milch und Langeweile“. Erwähnenswert auch der
groteske Dialog der „Zwillinge in Utero“ oder „Lottchen beichtet einen
Geliebten“, wo die Liebe spielerisch einen Seitensprung überwindet.
Mit
Loriots „Das Ei“ als Nachschlag erheiterte Hoger die Zuhörer über den Abend
hinaus gleich noch beim nächsten Frühstück.