IVZ:  Wundervoller Abend mit Borsody
VON DR. SUNHILD SALASCHEK


Mettingen. Das Bürgerhaus platzte aus allen Nähten und konnte trotzdem nicht alle aufnehmen, die gerne gekommen wären. Das Interesse galt einem Abend mit der Schauspielerin Suzanne von Borsody über Frida Kahlo, zu dem der Förderverein Mettinger Schultenhof geladen. Die bekannte und beliebte Schauspielerin führte das Leben der bedeutenden Mexikanerin in Briefen, Anekdoten und Erzählungen vor Augen und ließ die 370 Besucher des Abends an allen Höhen und Tiefen des wechselvollen privaten und künstlerischen Schicksals der Malerin teilhaben.

Zunächst bewunderten die Hörer die schauspielerischen Fähigkeiten Borsodys, ihre frische und elegante Erscheinung sowie ihre hervorragende Bühnenpräsenz. Später vermeinten die Besucher in ihr gar der Malerin selbst gegenüber zu stehen. So überzeugend verlebendigte „das künstlerische Kraftpaket“, wie der „Spiegel“ Borsody einmal bezeichnete, das Schaffen und Fühlen der Mexikanerin trotz ihres deutlich anderen Erscheinungsbildes. Hier kam es nur auf das Selbstbewusstsein und die Empfindungswelten an.


Frida Kahlo wurde 1907 geboren und erlitt im Alter von 18 Jahren einen schweren Unfall, der sie Monate ans Bett fesselte und viele ihrer Hoffnungen zerstörte. Es sei als habe sie alles auf einmal gelernt, so schätzt sie selbst ihre frühe negative Lebenserfahrung ein. Das hindert sie aber nicht, nacheinander mit drei Männern eine enge Bindung einzugehen. Einen davon, den Maler Diego Rivera, heiratet sie trotz eines großen Altersunterschiedes, lässt sich wegen zahlreicher Affären von ihm scheiden und heiratet ihn schließlich zum zweiten Mal.

Kahlo gilt als erste mexikanische Malerin, die „mit absoluter und schonungsloser Aufrichtigkeit die allgemeinen und besonderen Themen behandelt, die ausschließlich Frauen betreffen“ wie Rivera formulierte. Die Vielschichtigkeit, die Kahlo in sich verspürte, brachte die Malerin unter anderem in einem doppelten Selbstporträt zum Ausdruck.

Diese, sowie weitere Gemälde und Fotos von Kahlo wurden während der Lesung eingeblendet, sodass die zeitgenössische Charakteristik „ihr Werk ist wie eine Butterschleife um eine Bombe“ für alle sichtbar und nachvollziehbar wurde. So konnten die Besucher Kahlos Erfahrungen gleich mit mehreren Sinnen nahtlos in sich auf nehmen.

Darüber hinaus war immer wieder der melancholisch-fröhliche Klang mexikanischer Musik vernehmbar. Das Trio „Azul“ – Omar Plasencia Leon, Anibal Civilotti und Kurt Holzkämper zauberte mit großem Einfühlungsvermögen eine Atmosphäre, wie sie sich treffender nicht vorstellen lässt. Mal agierten die Künstler mit Gesang Schlagzeug und Bass gemeinsam, mal setzte der Kontrabass die Akzente allein, immer abwechslungsreich und voller Hingabe.

Trotzdem fragte man sich manchmal, ob die Stimme Borsodys nicht noch differenzierter und ergreifender war als die hervorragenden Musiker. Ging es in Kahlos Briefen überwiegend um die Emotionsvielfalt von lebenserfüllt-schwelgerisch bis grenzenlos eifersüchtig, so zeigte sich die jeweilige Richtung schon in Borsodys Stimme bei der Ankündigung jedes neuen Briefes. So wussten die Hörer immer, ob sie eine selbstbewusste „garstige“ oder eine wohlgemut verliebte Kahlo erwartete und konnten über die schauspielerische Mittlerin alle Stationen mit empfinden. Ein wundervoller Abend.